Die Ministerinnen und Minister, Senatorinnen und Senatoren für Gesundheit der Länder fassen folgenden Beschluss:
Der Klimawandel stellt eine globale Herausforderung dar und verlangt deshalb ein engagiertes Handeln in allen Bereichen.
Klimaschutz ist dabei gleichzeitig auch immer Gesundheitsschutz.
Der Klimawandel führt sowohl zu einer Zunahme direkter Gesundheits-beeinträchtigungen als auch zu indirekten negativen gesundheitlichen Auswirkungen und Risiken. Besonders Babys und Kleinkinder, ältere Menschen und solche mit Vorerkrankungen gehören aufgrund ihrer körperlichen Konstitution zu den vulnerablen Gruppen. Aber auch sozialökonomisch nachteilig aufgestellte Gruppen sind betroffen, da sie z. B. teilweise in schlechteren Wohnverhältnissen leben und sich dadurch nicht adäquat vor Hitze schützen können. Darüber hinaus ist die Stadtbevölkerung – insbesondere in Großstädten – vom Klimawandel besonders betroffen, da sich wegen der Bebauung sogenannte Wärmeinseln bilden, wodurch sich um bis zu 10°C höhere Temperaturen im Vergleich zum Umland ergeben können.
Bis zum Ende des Jahrhunderts werden (ohne klimaaktive Interventionen) jährlich fünf zusätzliche Hitzewellen in Nord- und bis zu 30 zusätzliche Hitzewellen in Süddeutschland erwartet. Das Robert-Koch-Institut (RKI) berechnete, dass in den drei Jahren 2003, 2006 und 2015 insgesamt fast 20.000 Menschen in Deutschland an den Folgen der Hitze gestorben sind, als ohne Hitzewellen zu erwarten gewesen wäre.
Höhere Temperaturen können außerdem bereits vorhandene Krankheiten verstärken und führen beispielsweise nach Operationen zu einer erhöhten Anzahl von Wundinfektionen. Zudem begünstigt ein wärmeres Klima die Verbreitung von Krankheitsüberträgern (Vektoren) wie Zecken oder Mücken.
Durch wärmere Jahresdurchschnittstemperaturen verlängern und verlagern sich zudem die Blühzeiten der Pflanzen. Dadurch sind Personen mit Pollenallergien früher im Jahr und länger einer Pollenbelastung ausgesetzt. Zudem verbreiten sich neue Pflanzenarten wie die hochallergene Ambrosia-Pflanze. Die steigenden Außentemperaturen haben auch Auswirkungen auf die Gewässer. Wärmere Gewässer begünstigen Algenblüten und das vermehrte Auftreten von Cyanobakterien, die unter anderem zu Haut- und Schleimhautreizungen führen können. Bei einer weiteren Erhöhung der Wassertemperatur von Nord- und Ostsee sowie salzhaltigen Binnenseen, kann es zu einer Zunahme von Vibrionen-Bakterien kommen, die zu Beschwerden führen können. Mangelnde Niederschläge führen zudem zu sinkenden Pegeln von Grundwasser und Oberflächengewässern, einer Verminderung der verfügbaren Trinkwasserressourcen sowie zu einer stärkeren Belastung mit Luftschadstoffen wie Feinstaub. Andererseits können durch den Klimawandel bedingte Ereignisse wie zu viel und zu starker Niederschlag oder Hochwasser eine akute Gesundheitsgefahr darstellen.
In einer Berechnung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung aus dem Jahr 2007 wurden Kosten, die durch den Klimawandel verursacht werden inklusive der notwendigen Klimaanpassungsmaßnahmen im Gesundheitsbereich, von circa 60 Milliarden Euro bis zum Jahr 2050 prognostiziert.
Das Gesundheitswesen ist gleich in doppelter Weise betroffen und trägt deshalb eine besondere Verantwortung: einerseits ist das Gesundheitswesen als Wirtschaftszweig selbst für rund 5 % der nationalen Treibhausgasemissionen verantwortlich, andererseits sind die Akteure im Gesundheitswesen zuallererst mit den Folgen des Klimawandels für die menschliche Gesundheit konfrontiert und für die Behandlung der entsprechenden Krankheiten zuständig. Positiv ist dabei, dass Maßnahmen zum Klimaschutz zumindest mittelbar gleichzeitig dem Gesundheitsschutz dienen können.
Das Gesundheitswesen muss sich daher nicht nur auf eine sich ändernde und zunehmende Inanspruchnahme einstellen, sondern auch selbst vorbildhaft Maßnahmen gegen den Klimawandel und Klimaanpassungsmaßnahmen stärker und umfassend ergreifen. Es ist erforderlich, Klimaschutz und die Anpassung an den Klimawandel als dauerhafte Aufgabe in das Gesundheitswesen zu implementieren.
Die Gesundheitsministerinnen und -minister, Senatorinnen und Senatoren der Länder stellen sich diesen Herausforderungen. Sie stehen damit im Einklang mit den Forderungen des Europäischen Parlamentes, das im November 2019 eine Klima-notlage ausgerufen und die Europäische Kommission aufgefordert hat, alle relevanten Gesetzes- und Haushaltsvorschläge mit dem Ziel des Pariser Übereinkommens abzustimmen, wonach die Erderwärmung auf unter 1,5°C begrenzt werden soll.
Vor diesem Hintergrund fasst die Gesundheitsministerkonferenz (GMK) folgenden Beschluss:
1. Hitzeaktionspläne
Hitze kann verschiedene negative gesundheitliche Auswirkungen haben. Besonders betroffen davon sind Säuglinge, Kleinkinder, ältere Menschen, Menschen mit bestimmten Vorerkrankungen und Personen, die schwerer körperlicher Arbeit im Freien nachgehen. Entsprechend müssen Anpassungs- und Vorsorgemaßnahmen getroffen werden, um gesundheitliche Gefahren für die Bevölkerung zu minimieren.
Die Gesundheitsministerkonferenz begrüßt deshalb die Handlungsempfehlungen einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe zur Erarbeitung von Hitzeaktionsplänen auf Länder- und kommunaler Ebene, die im Jahr 2017 vom Bundesumweltministerium (BMU) veröffentlicht wurden. Darin enthalten sind verschiedene Arbeitsschritte wie die Koordinierung, Kommunikation und auch das Monitoring entsprechender Maßnahmen.
Die Gesundheitsministerinnen und -minister, Senatorinnen und Senatoren der Länder halten die Erstellung von Hitzeaktionsplänen innerhalb eines 5-Jahreszeitraums für erforderlich. Diese sind nach dem Subsidiaritätsprinzip primär von den Kommunen und betroffenen Instituten unter Berücksichtigung der regionalen Gegebenheiten und Spezifika zu erstellen. Hierfür ist die Zusammenarbeit mit allen relevanten Akteuren wie den Pflegediensten, dem ambulanten und stationären Versorgungssektor, dem öffentlichen Gesundheitsdienst als auch den Krankenkassen erforderlich. Die Handlungsempfehlungen des Bundesumweltministeriums sollen hierfür als Grundlage genutzt werden.
2. Aus-, Fort- und Weiterbildung in den Gesundheitsberufen
Durch das vermehrte Auftreten klimawandel-assoziierter Erkrankungen kommen neue Herausforderungen auf die in den Gesundheitsberufen Tätigen zu. Die Bedeutung des Klimawandels als ein die Gesundheit beeinflussender Faktor ist bislang in der Aus-, Fort- und Weiterbildung der Gesundheitsberufe nicht oder nur ansatzweise abgebildet. Es wird eine Anpassung empfohlen, die es den jetzt wie auch künftig im Gesundheitswesen Tätigen ermöglicht, angemessen auf die klimabedingten Veränderungen zu reagieren.
Die Gesundheitsministerinnen und -minister, Senatorinnen und Senatoren der Länder begrüßen deshalb, dass die Bundesärztekammer das Thema Klimawandel als Themenschwerpunkt des Deutschen Ärztetags im Jahr 2020 gewählt hatte und würden es begrüßen, wenn das Thema trotz der Absage der Veranstaltung in diesem Jahr als Schwerpunkt auf der Agenda bleiben würde.
Die Gesundheitsministerkonferenz bittet die Heilberufekammern in den Ländern sowie andere berufsständische Vertretungen in der Pflege, in Form von Fortbildungen über neu und verstärkt auftretende Erkrankungen im Kontext des Klimawandels zu informieren. Des Weiteren bittet sie die jeweiligen Heilberufekammern auf Bundesebene zu prüfen, inwieweit ihre Muster-Weiterbildungsordnungen um entsprechende Inhalte zu ergänzen wären und bittet die Heilberufekammern in den Ländern, entsprechende Inhalte in ihre jeweiligen Weiterbildungsordnungen aufzunehmen.
3. Neue bzw. verstärkt auftretende Infektionskrankheiten
In Deutschland erfolgt eine zunehmende Ausbreitung wärmeliebender Krankheitsüberträger (Vektoren) vor allem von Stechmücken wie der Asiatischen Tigermücke und Zecken. So wurden 2019 erstmals vier Fälle von in Deutschland erworbenem West-Nil-Fieber bei Menschen und über hundert Fälle bei Nutz- und Wildtieren diagnostiziert. Da lediglich 20 % der Infektionen mit dem West-Nil-Virus zu Krankheitssymptomen und etwa 1 % zu einem schweren Verlauf mit Meningitis führen, muss von mehreren hundert nicht diagnostizierten Infektionen in der deutschen Bevölkerung ausgegangen werden.
Das Nationale Referenz-Zentrum (NRZ) des Friedrich-Loeffler-Instituts hält eine dauerhafte Etablierung wie auch die weitere Verbreitung der Tigermücke in Deutschland durch milde Winter und heiße Sommer für wahrscheinlich.
Die Gesundheitsministerinnen und -minister, Senatorinnen und Senatoren der Länder fordern deshalb die Bundesregierung auf, das vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft finanzierte Vektor-Monitoring über das Jahr 2022 hinaus dauerhaft fortzusetzen. Durch die Verstetigung des Monitorings kann die Ausbreitung tropischer Stechmücken und Zecken wie auch deren Durchseuchung mit Infektionserregern nach oder innerhalb Deutschlands langfristig erfasst werden.
Des Weiteren bitten die Gesundheitsministerinnen und -minister, Senatorinnen und Senatoren der Länder das Bundesministerium für Gesundheit (BMG), über die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung die Bevölkerung über Schutzmaßnahmen gegen Stechmücken und Zecken als auch vermehrt auftretende Tropenkrankheiten oder neuartige Infektionskrankheiten präventiv zu informieren. Die schnelle Verbreitung von Infektionskrankheiten durch die zunehmende Reisetätigkeit (aktuelles Beispiel neuartiges Coronavirus) sollte hier Berücksichtigung finden.
4. Wissenschaft und Forschung
Das Gesundheitswesen gehört zu den kritischen Infrastrukturen und ist deshalb hinsichtlich seiner Anpassungsbedarfe und Möglichkeiten der Stärkung seiner Widerstandsfähigkeit zu überprüfen. Weiterhin sind sich verstärkende Effekte verschiedener Umweltfaktoren auf die menschliche Gesundheit wie bei der Luftverschmutzung (z.B. Feinstaub), Allergene und Hitze unter besonderer Berücksichtigung von Ballungsräumen zu beachten. Und schließlich ist eine wissenschaftliche Untersuchung dringend notwendig. Insbesondere von Methoden, die systematisch die Übertragung aktueller Forschungsergebnisse aus allen Feldern und evidenzbasierter Praktiken in die Gesundheitsversorgung unterstützen und das Ziel verfolgen, die Qualität und Effektivität des Gesundheitssystems zu verbessern, z. B. im Verkehrsbereich, zu Ernährungsmustern und zum psychosozialen Wohlergehen. Darüber hinaus müssen arbeitsmedizinische Belange des gesamten Personals im Gesundheitswesen besondere Berücksichtigung finden.
Um einen umfassenden Ansatz, der die Gesundheit des Menschen innerhalb der natürlichen Systeme unseres Planeten betrachtet, breit zu verankern und Gesundheit und Wohlergehen in das Zentrum der Klimadebatte zu rücken, ist es notwendig, dass mehr Forschungsschwerpunkte gefördert werden. Es sind diverse Fragestellungen unter dem Blickwinkel des Gesundheitsschutzes als Querschnittsaufgabe und der Anpassungsnotwendigkeit der Versorgung unter besonderer Beachtung des Klimawandels zu bearbeiten.
Die Gesundheitsministerinnen und -minister, Senatorinnen und Senatoren der Länder fordern daher das Bundesministerium für Bildung und Forschung und das BMG auf, Forschungsvorhaben über die Anpassungsbedarfe des deutschen Gesundheitswesens im Hinblick auf neue oder verstärkt auftretende Erkrankungen sowie über mittel- und langfristige Effekte des Klimawandels auf die physische und psychische Gesundheit des Menschen zu fördern.
5. Stärkung der klimabezogenen Gesundheitskompetenz und Prävention
Der Klimawandel mit u.a. erhöhten Temperaturen, verstärkter Sonnenstrahlung und der Ausbreitung von Krankheitsüberträgern erfordert von jeder und jedem Einzelnen ein angepasstes Verhalten zur Prävention von Krankheiten. Darüber hinaus scheint der Zusammenhang zwischen Klimawandel und Gesundheit noch nicht allgemein bekannt zu sein. So gilt es, in den Vordergrund zu rücken, dass ein klimaförderlicher Lebensstil gleichzeitig der Gesunderhaltung dient. Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) ist aufgrund ihrer diesbezüglichen Erfahrung die geeignete Behörde, um entsprechende, zielgruppenspezifische Informationen in angemessenen Medien für Multiplikatoren und die Bevölkerung zu erstellen.
Das BMG wird gebeten, die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung damit zu beauftragen, Informationsmaterialien für Multiplikatoren und die Bevölkerung über Verhaltensmaßnahmen im Kontext des Klimawandels zu entwickeln. Darin soll vor allem über die positiven Effekte von klimasensiblem Verhalten und gesundheitsförderlichem Lebensstil wie z. B. einer ausgewogenen (nach den Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung / DGE) und nachhaltigen Ernährung sowie mehr Bewegung aufgeklärt werden. Die Aufklärungsmaßnahmen sollen auch Anpassungsmöglichkeiten für zielgruppenspezifische Schutzmaßnahmen gegenüber erhöhter Sonneneinstrahlung einschließen, die seitens des fachübergreifenden UV-Schutz-Bündnisses im Bundesamt für Strahlenschutz empfohlen sind.
Die GMK erachtet es im Rahmen von Klimaanpassungsmaßnahmen als wichtig, sich verstärkende Effekte verschiedener Umweltfaktoren auf die menschliche Gesundheit wie z. B. bei der Luftverschmutzung (Allergene, Feinstaub und Hitze) unter besonderer Berücksichtigung von Ballungsräumen zu beachten und durch zielgerichtete Maßnahmen entgegen zu wirken. In Zusammenhang mit luftgetragenen Allergenen bekräftigt die GMK ihren Beschluss zur 92. GMK für eine dauerhafte Finanzierung der Sicherstellung eines modernen Pollenmesssystems.
Die GMK unterstützt Maßnahmen in Zusammenhang zum Klimaschutz, die auf eine Reduktion der Luftschadstoffbelastungen durch Feinstaub, Ruß, Ozon und Ozon-Vorläufersubstanzen wie Stickstoffdioxide abzielen. Minderungen der Belastungssituation stärken die Resilienz und wirken sich allgemein positiv auf die menschliche Gesundheit aus.
6. Selbstverpflichtung der Behörden
Die Gesundheitsministerinnen und -minister, Senatorinnen und Senatoren der Länder appellieren an alle Fachministerkonferenzen, sich des Themas einer klimafreundlichen Verwaltung anzunehmen und entsprechend auf die Bundes-, Landes- und kommunalen Behörden einzuwirken.
Das Gesundheitswesen kann und muss einen wesentlichen Beitrag zum Klimaschutz leisten. Die öffentliche Hand hat ein jährliches Beschaffungsvolumen von über 350 Milliarden Euro und kann somit erheblichen Einfluss auf die Nachfrage nachhaltiger Produkte nehmen. Das Öko-Institut e.V. in Freiburg hat im Jahr 2015 für das Land Berlin berechnet, dass bei einer umweltverträglichen Beschaffung von 15 Produktgruppen eine Einsparung von 38 Millionen Euro pro Jahr möglich ist. Als langfristig kosteneinsparend wurde beispielsweise die Beschaffung von PKWs, Büroleuchten, Straßenbeleuchtung, Bodenbelägen, Computern, Toilettenpapier und Reinigungsmitteln genannt.
Beispielsweise hat die Nutzung fossiler Ressourcen wie Kohle oder Erdöl neben ihrer klimaschädlichen Wirkung auch Luftverschmutzungen zur Folge. Deshalb sollen Behörden ihren Energiebedarf aus erneuerbaren Energien decken, Energieeinsparmaßnahmen umsetzen und auch ihre restliche Beschaffung nachhaltig gestalten. Dazu zählen u.a. energiesparende Geräte, biologisch abbaubare Reinigungsmittel (ohne Mikroplastik) oder weitere Aspekte des Gebäude-managements wie z. B. die Wärmedämmung. Die „Kompetenzstelle für nachhaltige Beschaffung“ beim Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat berät Bund, Länder und Kommunen in diesen Aspekten.
Darüber hinaus sollten die Gesundheitsbehörden die möglichen gesundheitlichen und klimatischen Wirkungen der Ernährung in den Fokus rücken. Deshalb ist es im Sinne einer gesünderen Lebensweise und des Klimaschutzes sinnvoll, möglichst regionale und saisonale pflanzliche Lebensmittel (Gemüse und Obst sowie Getreideprodukte und Kartoffeln) zu bevorzugen. Nachhaltig erzeugte tierische Lebensmittel sollten in kleineren Portionen und möglichst fettarm den Speiseplan ergänzen. Die DGE-Qualitätsstandards für die Gemeinschaftsverpflegung haben die Steuerung eines gesundheitsfördernden Speiseangebots zum Ziel. So optimieren sie das Verpflegungsangebot in Kitas, Schulen, Betriebsrestaurants, Reha-Kliniken und Krankenhäusern sowie in stationären Senioreneinrichtungen und für Essen auf Rädern.
Die Gesundheitsministerinnen und –minister, Senatorinnen und Senatoren der Länder empfehlen die Anwendung der DGE-Qualitätsstandards für alle Einrichtungen der Gemeinschaftsverpflegung, insbesondere der des Gesundheitswesens.
Die Gesundheitsministerinnen und –minister, Senatorinnen und Senatoren der Länder werden das Thema „Klimawandel und Gesundheit“ verstärkt in den Fokus rücken. Sie begrüßen insbesondere die Weiterführung der Bund-Länder-Abstimmung zur Thematik „Gesundheitliche Anpassung an die Folgen des Klimawandels“ in Form des Behördendialogs unter der Leitung des BMG und des BMU. Die GMK beauftragt die AOLG, in den betroffenen Arbeitsgruppen das Thema „Klimawandel und Gesundheit“ schwerpunktmäßig zu bearbeiten, im Bund-Länder Behördendialog „Gesundheit im Klimawandel“ in geeigneter Form mitzuwirken und der GMK regelmäßig zu berichten.
Die Gesundheitsministerinnen und -minister, Senatorinnen und Senatoren der Länder bitten den Bund, das Bundesreisekostenrecht im Sinne einer Verbesserung der Klimafreundlichkeit zu ändern.
Die Gesundheitsministerinnen und -minister, Senatorinnen und Senatoren der Länder streben an, im Rahmen des jeweiligen Landesrechts, ihre Gesundheitsbehörden auf ein klimafreundliches Handeln auszurichten und appellieren an alle Gesundheitsbehörden des Bundes und der Kommunen, sich dem anzuschließen. Wann immer möglich, sollen Dienstreisen mit der Bahn erfolgen. Besprechungen sollten so oft wie möglich als Telefon- oder Videokonferenzen wahrgenommen werden.
7. Medizinprodukte
Eine qualitativ hochwertige medizinische Versorgung ist ohne Medizinprodukte nicht denkbar. Eine Aufbereitung von Medizinprodukten erfolgt derzeit bereits, sofern dem nicht hygienische oder wirtschaftliche Gründe entgegenstehen. Insbesondere die Aufbereitung kritischer Medizinprodukte ist nicht nur aufwändig und energieintensiv, sondern stellt auch hohe Anforderungen an die Aufbereitenden. In diversen Fällen wird auch in Zukunft aus hygienischen Gründen der Einsatz von Einmalprodukten unumgänglich sein. Denn die Patientensicherheit sollte höchste Priorität haben.
Im Abfallvermeidungsprogramm des Bundes unter Beteiligung der Länder wird die Wiedernutzung von Produkten als ein Schwerpunktthema betont. Zwar kann Abfallvermeidung ein Beitrag zum Klimaschutz sein, aber bei der Bewertung von Maßnahmen ist stets die gesamte Energiebilanz zu betrachten. D. h. der Zeit- und Energieaufwand für komplizierte Aufbereitungsmaßnahmen ist ebenfalls zu berücksichtigen.
Die Gesundheitsministerinnen und -minister, Senatorinnen und Senatoren der Länder bitten das BMG, die Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention am RKI zu beauftragen, soweit rechtlich möglich bei gleichwertigen Eigenschaften auch Aspekte der Umweltverträglichkeit (z. B. bei der Materialienauswahl oder der Aufbereitung von Medizinprodukten) in ihren fachlichen Empfehlungen zu berücksichtigen.
Stärker in den Fokus genommen werden sollte der Einsatz von alternativen Aufbereitungsmethoden (z.B. Plasmasterilisation) sowie von biologisch abbaubaren Kunststoffen im Bereich der Medizinprodukte.
Eine transparente und valide Nachhaltigkeitsbewertung für den Einsatz von Medizinprodukten ist erforderlich.
Die Gesundheitsministerinnen und -minister, Senatorinnen und Senatoren der Länder fordern den Bund auf, Forschungsvorhaben für den nachhaltigen Einsatz von Medizinprodukten sowie die Weiterentwicklung von biologisch abbaubaren Kunststoffen zu unterstützen.
8. Krankenhausinvestitionen/ Energetische Sanierung
Krankenhäuser laufen im kontinuierlichen 24-Stunden-Betrieb und verbrauchen dabei laut Aussagen des Fraunhofer-Instituts im Schnitt jeweils so viel Energie wie eine Kleinstadt. Zwar gelten für den Neubau von Gebäuden heutzutage hohe Standards in Bezug auf Energienutzung und Energieeinsparungen, jedoch entfalten diese für den Krankenhausbestand keine Wirkung. Die energetische Sanierung von Krankenhäusern oder deren Ersatz durch Neubauten würde einen erheblichen Beitrag zum aktiven Klimaschutz leisten.
Zentrale und koordinierte Maßnahmen für eine deutschlandweite energetische Ertüchtigung bestehender Krankenhausgebäude unter Wahrung der länderübergreifenden Wettbewerbsgerechtigkeit fehlen.
Die Bereitstellung von zusätzlichen Mitteln könnte ein Anreiz sein, auch im Bestand Maßnahmen zur energetischen Sanierung durchzuführen. Dabei steht außer Frage, dass die Versorgung der Patientinnen und Patienten oberste Priorität hat und deshalb angesichts von Hitzewellen eine zunehmende Klimatisierung oder andere bauliche Maßnahmen wie z. B. eine Verschattung in Krankenhäusern zu berücksichtigen sein werden. Hierfür werden intelligente, bauliche und klimatechnische Lösungen auf der Basis von erneuerbaren Energien benötigt.
Für diesen Prozess ist eine valide Datenbasis erforderlich, um den aktuellen und den zukünftigen Ressourcenverbrauch in Krankenhäusern zu erfassen und notwendige energierelevante Maßnahmen ableiten zu können. Dazu ist eine Datenerfassung und -bewertung unerlässlich. Daten zum Energie- und Wasserverbrauch sollten entsprechend der Angaben zum Energieausweis für Nichtwohngebäude gemäß § 16 Energieeinsparverordnung (EnEV) zwar grundsätzlich vorhanden sein, aber sind bspw. zum Abfallaufkommen von Krankenhäusern nicht bekannt.
Daher bitten die für Gesundheit zuständigen Ministerinnen und Minister, Senatorinnen und Senatoren der Länder das Vorsitzland, an die Deutsche Krankenhausgesellschaft heranzutreten, um eine landesweite Erfassung und Auswertung klima- und energierelevanter Daten der Krankenhäuser zu beauftragen und daraus abzuleitende Empfehlungen zu veröffentlichen.
Die Bundesregierung wird aufgefordert, ein mit ausreichenden finanziellen Mitteln ausgestattetes Sonderprogramm außerhalb der Krankenhausfinanzierung zur Übernahme der Kosten für die energetische Sanierung von Bestandsgebäuden notwendigen baulichen Maßnahmen und für die anteilige Übernahme der Kosten zur Beschaffung moderner, energieeffizienter Anlagen und Geräte aufzulegen.
9. Klimafreundliche Kapitalanlagen
Das Bundesumweltministerium hat bereits im Jahr 2010 eine von ihm beauftragte Studie veröffentlicht, die den sogenannten „CO2-Fußabdruck“ von Kapitalanlage-produkten unter die Lupe nimmt. Das Ergebnis: Bei konventionellen Kapitalanlagen kommen auf 10.000 investierte Euro rund fünf Tonnen CO2-Emissionen. Wird klimafreundlich investiert, können dem gegenüber mehr als zwei Tonnen Treibhausgasemissionen vermieden werden. Im Schnitt bringen klimafreundliche Kapitalanlagen rund 42 % weniger Treibhausgase mit sich als konventionelle Produkte. Ein weiterer Grund für die klimafreundliche Investition: Die Nachfrage kann offenbar einen erheblichen Einfluss auf die Geschäftspolitik von Unternehmen nehmen, so die Studie. Durch die richtige Anlage könnten deshalb auch die Perspektiven für den Klimaschutz verbessert werden.
Zudem haben die Bundesländer Baden-Württemberg, Brandenburg, Hessen und Nordrhein-Westfalen im Juni 2019 verkündet, dass die Mittel ihrer Pensionsfonds künftig nach miteinander abgestimmten nachhaltigen Kriterien angelegt werden sollen. Das Land Hessen ist im gleichen Jahr der von den Vereinten Nationen unterstützten Initiative „Prinzipien für verantwortliches Investieren“ (UN PRI) beigetreten.
Die Gesundheitsministerkonferenz begrüßt, dass einzelne Bundesländer und Selbstverwaltungen sich bereits zu nachhaltigen Geldanlageformen verpflichtet haben und empfiehlt allen Akteuren des Gesundheitswesens, ihre Kapitalanlagen auch nach Kriterien des Klima- und Umweltschutzes auszurichten, soweit dies mit ihrer treuhänderischen Verantwortung und mit § 80 Sozialgesetzbuch Viertes Buch vereinbar ist. Die Kapitalanlage kann sich an den „Prinzipien für verantwortungsbewusstes Investment“ der Vereinten Nationen (UNPRI) orientieren, um Umweltthemen stärker in Investitionsaktivitäten einzubinden.