TOP: 7.1 Digitalisierung beschleunigen - Für ein resilientes und zukunftsfestes Gesundheitswesen
Das Gesundheitswesen steht nicht zuletzt durch die Erfahrungen der COVID-19-Pandemie vor einem Umbruch. Die Schwierigkeiten bei der Umsetzung der Digitalisierung als Element der Pandemiebekämpfung haben deutlich gezeigt, dass das deutsche Gesundheitswesen noch erhebliche Anstrengungen benötigt, um resilient und zukunftsfest zu werden. Die finanziellen Auswirkungen der COVID-19-Pandemie erfordern darüber hinaus, das erhebliche wirtschaftliche Nutzenpotential der Digitalisierung im Gesundheitswesen zu heben.
Aus diesen Gründen wird der Beschluss der 92. Gesundheitsministerkonferenz zu TOP 5.1 „Digitalisierung im Gesundheitswesen – wichtige Grundlage für die nachhaltige und zukunftsfeste medizinische Versorgung in allen Regionen Deutschlands“ aufgegriffen und die Notwendigkeit eines beschleunigten Vorgehens festgestellt.
Die Ministerinnen und Minister, Senatorinnen und Senatoren für Gesundheit der Länder fassen folgenden Beschluss:
Die Ministerinnen und Minister, Senatorinnen und Senatoren für Gesundheit der Länder begrüßen, dass die Europäische Kommission im Mai dieses Jahres einen europäischen Raum für Gesundheitsdaten (European Health Data Space – EHDS) auf den Weg gebracht hat. Damit findet ein grundlegender Umbruch im digitalen Wandel der Gesundheitsversorgung innerhalb Europas statt. Zukünftig sollen die Bürgerinnen und Bürger in den Mittelpunkt gestellt werden und soll ihnen die vollständige Kontrolle ihrer Daten mit dem Ziel, eine bessere Gesundheitsversorgung in der gesamten EU zu erreichen, gegeben werden.
Wie auch der Sachverständigenrat zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen (SVR Gesundheit) in seinem Gutachten „Digitalisierung für Gesundheit – Ziele und Rahmenbedingungen eines dynamisch lernenden Gesundheitssystems“ aus dem Jahr 2021 gefordert hat, schafft der EHDS hiermit einen soliden Rechtsrahmen für die Verwendung von Gesundheitsdaten für Forschung und Innovation.
Die Ministerinnen und Minister, Senatorinnen und Senatoren für Gesundheit der Länder bekräftigen die Notwendigkeit, Sektorengrenzen durch digitale Lösungen für Versorgungs- und Unterstützungsangebote zu überwinden und innovative, regionale Versorgungslösungen unter Berücksichtigung örtlicher Besonderheiten zu schaffen. Deshalb fordert die GMK, die im oben genannten Beschluss unter Ziffer 6 beschriebenen Forderungen nunmehr zeitnah umzusetzen.
Die Ministerinnen und Minister, Senatorinnen und Senatoren für Gesundheit der Länder sehen in der Förderung und Stärkung der digitalen Gesundheitskompetenz der Bürgerinnen und Bürger, Patientinnen und Patienten und aller im Gesundheitswesen Tätigen die elementare Voraussetzung, das Potential der Digitalisierung in Gänze auszuschöpfen. Hierzu gehört auch, dass Patientinnen und Patienten stärker in die Kommunikation eingebunden und deutlich intensiver über die bestehenden digitalen Gesundheitsanwendungen informiert werden. Sie bitten das BMG, die Gründe für die geringe Inanspruchnahme digitaler Anwendungen (z.B. Nutzung der elektronischen Patientenakte (ePa)) zu evaluieren. Dabei sollte insbesondere auch die vom 126. Ärztetag geforderte Opt-out-Lösung für die Nutzung der ePa geprüft werden, da nur eine gefüllte Akte es den Patientinnen und Patienten ermöglicht, im Bedarfsfall auf relevante Inhalte zuzugreifen – und damit informierte, selbstbestimmte Entscheidungen über den weiteren Umgang mit der eigenen Gesundheit zu treffen. Zudem könnten dadurch die Hausärztinnen und Hausärzte von Informations- und Aufklärungsgesprächen zur ePa entlastet werden.
Die Ministerinnen und Minister, Senatorinnen und Senatoren für Gesundheit der Länder bekräftigen die in der 11. Stellungnahme des ExpertInnenrates der Bundesregierung zu COVID-19 enthaltenen Forderungen zur Verbesserung der Datenerhebung und Datenverarbeitung zur Pandemievorbereitung auf Herbst/Winter 2022/23. Mit dem DIVI-Meldesystem der Intensivbelegung und dem GrippeWeb zur Abfrage von Krankheitsinformationen in der Bevölkerung sind zwar bereits funktionierende Strukturen und Meldesysteme vorhanden, insgesamt jedoch weitere dringende Maßnahmen zur verbesserten Datenerhebung und Digitalisierung erforderlich. Das BMG wird daher gebeten, umgehend ein Konzept zur Umsetzung der Forderungen aus der 4. und 11. Stellungnahme des ExpertInnenrates der Bundesregierung zur COVID-19 Pandemie vorzulegen und mit den Ländern zu beraten.
Die Ministerinnen und Minister, Senatorinnen und Senatoren für Gesundheit der Länder bitten das BMG um Prüfung, wie die weitere Entwicklung der Telematikinfrastruktur mit ihren Anwendungen besser auf die Versorgung und die Perspektive der Nutzerinnen und Nutzer ausgerichtet werden kann. Ausschließlich vollständig funktionsfähige, ausreichend leistungsfähige und qualitätsgesicherte Anwendungen dürfen in einem flächendeckenden Roll-out-Prozess die Praxen erreichen.
Die Ministerinnen und Minister, Senatorinnen und Senatoren für Gesundheit der Länder sehen den Bedarf einer von Bund, Ländern und Selbstverwaltung gemeinsam erarbeiteten E-Health-Strategie, um die Rahmenbedingungen für die digitale Transformation des deutschen Gesundheitswesens zu definieren. Sie bitten die Bund-Länder-AG „Digitalisierung im Gesundheitswesen“ die Ausarbeitung einer nationalen E-Health-Strategie mit ihrer fachlichen Expertise zu begleiten sowie als etablierte Austauschplattform zwischen Bund und Ländern zur Verfügung zu stehen.